Gute Geschichten singen sich leicht
Christina Sidak sieht sich als musikalische Geschichten-Erzählerin. Ihr großer Antrieb als Sängerin ist es, mitzuteilen und all dem klanglich schönste und ausdrucksstärkste Form zu geben, was uns Menschen rührt, bewegt und beschäftigt. Ob in ihren bejubelten Liederkonzerten oder höchst erfolgreichen Interpretationen von, unter anderem, märchenhaft-mythischen Opernpartien, Christina Sidak verdeutlicht immer wieder, welchen Ursprung alles Bühnengeschehen hat: Die tiefe Sehnsucht nach Ausdruck des Erlebten, das so bunte und fantasievolle menschliche Erzählenwollen.
Opern-Abenteuer bisher
Höhepunkte in Christina Sidaks bisheriger Karriere auf Opern- und Konzertbühnen sind beispielsweise ihre Station als Ensemblemitglied an der Deutschen Oper Berlin (2013 – 2015) und ihre weiteren dortigen Auftritte als Gast. Ihrem Debüt unter der Leitung von Sir Simon Rattle (Wellgunde in Wagners Das Rheingold, Rossweiße in der Götterdämmerung) folgten die Partiendebüts als Hänsel in Hänsel und Gretel, Flora in La Traviata, Mercédès in Carmen, Anna Kennedy in Donizettis Maria Stuarda und 2. Knappe und Blumenmädchen in Parsifal. Dazu kamen die 2. Dame/Zauberflöte und der Jacob in Gold von Leonard Evers. In der Spielzeit 2016/17 kehrte sie unter anderem für Wellgunde in Rheingold und Götterdämmerung als Gast an die Deutsche Oper Berlin zurück.
Weitere wichtige Opernproduktionen in Christina Sidaks Werdegang waren im Februar 2013 der Wildschütz von A. Lortzing an der Wiener Volksoper (Hausdebüt als Nanette), wo sie 2015/16 auch als Sandmännchen in Humperdincks Hänsel und Gretel zu hören war und im November 2020 als Robin in Jacques Offenbachs König Karotte ihr Rollendebüt gab.
Den Hosenrollen gilt ohnehin eine besondere Liebe der Mezzosopranistin, so kam ihr der Orestes in Jacques Offenbachs Die schöne Helena in der Sommerarena Baden im Jahr 2013 sehr gelegen, und nicht zuletzt vielleicht der Prototyp aller Hosenrollen, der Cherubino in Mozarts Le Nozze di Figaro (zuletzt 2019 mit dem Musiktheaterkollektiv Oper Rund Um unter der Ägide der Regisseurin Anna Katharina Bernreitner).
Weitere Bühnengeschichten, die Christina Sidak bisher erzählen konnte, waren die der Muse in Offenbachs Hoffmanns Erzählungen (2021, Oper Rund Um), die des Ariodante in Händels gleichnamiger Oper und die Erato in Glucks Il parnaso confuso (Schönbrunner Schlosstheater).
Sprünge in unbekannt schöne Gewässer
Christina verpflichtet sich niemals blind einer Konvention. Für wahrhaftige, stimmig erzählte Geschichten lässt sie sich gerne und mit Feuer und Flamme auf neue, ungewöhnliche und fordernde Wege ein. 2011 war sie im Wiener Theater Nestroyhof/Hamakom in Mater dolorosa von Jörg Ulrich Krah zu sehen, einer Uraufführungsproduktion der Musiktheaterinitiative progetto semiserio. 2013 wirkte Christina Sidak an einer Uraufführungsproduktion der Neuen Oper Wien mit, wo sie als Orakel in Paradise reloaded (Lilith) von Peter Eötvös zu hören war.
Neue Geschichten in die Welt tragen – was könnte aufregender sein?
2020 gab Christina in einer weiteren Uraufführungsproduktion, Die Geschichte von Valemon, dem Eisbärkönig (Komposition: Elena Kats-Chernin, Libretto: Susanne Felicitas Wolf) ihr Debüt an der Philharmonie von Luxembourg, wohin sie 2022 für Der herzlose Riese (Kats-Chernin/Wolf) zurückkehrte.
Lied-Universen
Die großen Geschichten, so könnte man glauben, werden in der Oper erzählt, Lieder, das sind eher die kleinen. Christina sieht das anders. Lieder, das sind diese Universen, die sich erschließen, wenn wir bereit sind, durch die zunächst manchmal kleinere Öffnung zu schauen. Ähnlich wie bei einem Guckloch eines astronomischen Fernrohrs. Oder beim Eintauchen in einen kleinen Bergsee, unter dessen kleiner Fläche eine unendlich reiche Welt darauf wartet, entdeckt und erlebt zu werden.
Christina Sidak hat manche dieser Universen schon an wunderbaren Orten und mit kongenialen Klavierpartnerinnen und Partnern Gestalt geben können. Zu nennen sind da die Liedprogramme im Haus der Berliner Festspiele, im Berliner Konzerthaus (gemeinsam mit Jonathan Ware am Klavier) und gemeinsam mit der Pianistin Deirdre Brenner beim Oxford Lieder Festival und im American Colony Hotel Jerusalem. Ebenso faszinierend: Singen im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins, nämlich Liedern von Brahms und Schubert (Klavier: Dieter Paier) sowie ein Lunchkonzert in der Berliner Philharmonie mit Brahms’ Liebesliederwalzern (am Klavier Helmut Deutsch und Bjarni Frímann Bjarnason).
Mit Orchestern unterwegs
Konzertante Auftritte führten mit der Weimarer Staatskapelle beispielsweise nach München (Gasteig), in die Stuttgarter Liederhalle und ans Festspielhaus Baden-Baden, wo sie im Ring an einem Abend (Wagner/Loriot) als Wellgunde mitwirkte (2019-2022). Weitere musikalische Reisen gingen beispielsweise zum Tartini Festival in Piran, ins Schloss Esterhazy (Eisenstadt) und in die Berliner Philharmonie.
Zum Schluss noch: Wie alles begann
Als viertes von vier Kindern wurde Christina Sidak in eine musikbegeisterte, geschichtenerzählende Wiener Familie geboren. Ihre große Faszination für die Bühne mündete in ein mit Auszeichnung absolviertes Gesangsstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst ihrer Heimatstadt Wien. Ihre Lehrerinnen und Lehrer waren u.a. Karlheinz Hanser, Regine Köbler, KS Gabriele Fontana , Reto Nickler und Christoph U. Meier. Weiters bereicherten Meisterkurse ihren Werdegang, unter anderem bei Brigitte Fassbaender, Christa Ludwig, Marjana Lipovšek und Helmut Deutsch.
Christina Sidak war Preisträgerin des Heinrich Strecker Gesangswettbewerbs und erhielt 2013 den Würdigungspreis der Universität für Musik und darstellende Kunst.